Im Weltraum bahnen sich aktuell umwälzende Veränderungen an: Internet soll weltweit über Kleinsatellitennetze bereitgestellt werden. Dazu werden Hunderte von Satelliten herzustellen sein und das bietet neue Herausforderungen für die Raumfahrt beim Übergang von der aktuellen Einzelmanufaktur hin zum Einsatz moderner hochauto matisierter Serienproduktion. Die kommenden Mega-Konstellationen erfordern hier sowohl in den Produktionsmethoden fortgeschrittene innovative Ansätze, aber eröffnen auch neue Potenziale die Robustheit und Effizienz der Satelliten weiter zu erhöhen. In diesen sich entwickelnden Zukunftstechnologien hat das ZfT Entwicklungsschwerpunkte gesetzt und bereitet in zahlreichen Projekten diese Technologien mit vor.
Während bisher traditionelle Satelliten weltweit im zweistelligen Bereich pro Jahr in Einzelmanufaktur hergestellt wurden, beobachtet man nun aktuell einen Anstieg auf mehrere hundert. Dies erfordert und ermöglicht nun den Einsatz von kosteneffizienten fortgeschrittenen Automatisierungsmethoden im Bereich der Raumfahrt. Für das ZfT bietet es die hervorragende Chance die Synergien aus den drei Abteilungen Raumfahrt, Automatisierung und Roboterfahrzeuge zu nutzen, um hier an vorderster Front der Forschung tätig zu sein.
Konzepte aus dem Bereich Industrie 4.0 werden hier auf die Satellitenherstellung übertragen. Dies beginnt bereits bei der modularen Auslegung des Satelliten im Hinblick auf die nachfolgenden Produktionsschritte. Die Fertigungsprozesse müssen auch die speziell hohen Qualitätsanforderungen und die extremen Weltraumumgebungen (Temperatur, Vakuum, Störstrahlung, wenig bekannte Einsatzumgebung, etc.) der Raumfahrt berücksichtigen. In der Raumfahrtfertigung stellt der Übergang von Handarbeit zum Einsatz von Robotern (Roboterarme, mobile Transport roboter) noch eine große Herausforderung dar. In Analogie zur industriellen Produktion sollen künftig auch bei der komplizierten Fertigung von Satelliten Varianten eines Standardproduktes in geringer Anzahl hergestellt werden. Die Produktionsabläufe sollen sich flexibel nach Ergebnissen der Tests ändern oder sich auf spezielle Konfigurationen der Satelliten einstellen. Es werden Konzepte aus Industrie 4.0, wie z.B. adaptive Produktion für geringe Losgrößen, der Einsatz von Telematik und Fernwartung mit den Erfahrungen aus der modularen Kleinstsatellitenentwicklung kombiniert. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Betriebssicherheit (Safety) sowie auf der Verbindungssicherheit (Security) bei der Datenübertragung. Ergänzend werden auch additive Fertigungsmethoden (insbesondere 3D-Drucker für Metalle) eingesetzt um hier möglichst wenige Bauteile integrieren zu müssen.Ausgehend von diesen auf der Erde eingesetzten Automatisierungs- und Robotiktechniken wird auch untersucht, wie sich ähnliche Produktionsmethoden auch für eine Fertigung im Orbit einsetzen lassen, um die Effizienz zu steigern.
Vorteile der hier genutzten Methoden schließen ein:
Für effiziente Produktionsabläufe sind modular aufgebaute Komponenten ein wesentliches Element, aber auch Kooperationen zwischen Partnern werden dadurch vereinfacht. Die Einführung des CubeSat-Standards in Form von 10 cm-Würfeln hat massiv die Verbreitung der Pico-Satelliten gefördert, so dass allein 2017 etwa 475 Kleinstsatelliten in eine Umlaufbahn gebracht werden sollen. Weitere wichtige Impulse verspricht die Einführung von Standards für elektrische Schnittstellen, da so der Einsatz von Untersystemen und Komponenten verschiedener Hersteller ermöglicht wird.
Das Zentrum für Telematik arbeitet mit dem internationalen University Space Engineering Consortium (UNISEC, etwa 100 internationale Universitäten mit Raumfahrtprogrammen) zusammen, um entsprechende leistungsfähige Standards zu entwickeln und zu verbreiten. Der hier bereitgestellte UNISEC Europe Standard zeichnet sich durch Datenverbindungen mit hohen Datenraten, geringem Platzbedarf, eindeutiger Definition aller Leitungen, sowie redundanter Auslegung von Energieversorgung und Kommunikationsleitungen aus. Diese Arbeiten werden am ZfT konsequent in allen Raumfahrtprojekten eingesetzt und fanden mittlerweile internationale Verbreitung, nicht nur im akademischen, sondern auch im Industriebereich. Das ZfT bietet hierzu Entwicklungsumgebungen als Produkt an, um so die weitere Verbreitung dieses Standards zu unterstützen